Am 01.12.2020 hat Elon Musk den Axel Springer Award 2020 während der Veranstaltung „Ein Abend für Elon Musk – Mission zum Mars“ in Berlin verliehen bekommen. Dieses ist die Übersetzung des dabei von Mathias Döpfner (Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE) mit Elon Musk geführten Interviews, das auf dem YouTube Video der Veranstaltung und dessen englischen Wortprotokoll basiert.

Elon Musk: (11:30) Das hat Spaß gemacht.
Mathias Döpfner: Schön, dass es Ihnen gefallen hat.
Elon Musk: Ja, es ist ein Erlebnis. Ich denke, man könnte Geld dafür nehmen. Das ist großartig. Es macht absolut einen Unterschied, diese beiden Leinwände und diese Winkeländerungen zu haben. Das fühlte sich toll an – wie eine Disney-Fahrt.
Mathias Döpfner: Elon, abgesehen von dieser besonderen Reise zum Mars heute Abend, wann, glauben Sie, werden realistischerweise Menschen zum ersten Mal auf dem Mars landen?
Elon Musk: Ich bin ziemlich zuversichtlich, dass dies in sechs Jahren sein wird. Die Erde-Mars-Synchronisation findet etwa alle 26 Monate statt. Wir hatten eine im Sommer diesen Jahres, und das bedeutet, dass es in etwa zwei Jahren eine weitere geben wird und dann zwei Jahre danach. In sechs Jahren, da bin ich sehr zuversichtlich; wenn wir Glück haben, vielleicht bereits in vier Jahren. Und wir wollen versuchen, in zwei Jahren ein unbemanntes Raumschiff dorthin zu schicken.
Mathias Döpfner: Wann wird Ihre erste Reise in den Orbit stattfinden?
Elon Musk: Das weiß ich nicht. Möglicherweise in zwei oder drei Jahren. Ich beschäftige mich (… 12:38) mit der Entwicklung der Technologie, die es vielen Menschen ermöglichen soll, zum Mars zu reisen, auf mehreren Planeten zu leben und eine Basis auf dem Mond und eine Stadt auf dem Mars zu errichten. Ich denke, es ist wichtig, dass wir uns bemühen, so bald wie möglich eine sich selbst versorgende Stadt auf dem Mars zu haben. Ich bin optimistisch, was die Zukunft auf der Erde angeht, aber es ist wichtig, eine Lebensversicherung für das Leben als Ganzes zu haben.
Mathias Döpfner: Wird dies ein Geschäft, eine Art Tourismus im Orbit? Oder ist es eher eine Art Plan B, wenn sich die Dinge auf der Erde nicht so gut entwickeln?
Elon Musk: Es ist nicht gerade ein Plan B, es ist mehr als das – es hat zwei Aspekte. Der eine ist, dass wir eine Zukunft haben wollen, die inspirierend und aufregend ist. Und was sind die Dinge, die Sie an der Zukunft inspirierend und aufregend finden? Ich glaube, erstens, eine Zukunft, in der wir eine raumfahrende Zivilisation und da draußen zwischen den Sternen unterwegs sind. Ich denke, dass jedes Kind davon begeistert ist. Man muss dies nicht mal unterrichten. Es ist wie ein Instinkt. Es sehr wichtig, Gründe zu haben, sich für das Leben zu begeistern. Wenn man zum Beispiel morgens aufwacht, kann es nicht nur um Probleme gehen. Ich weiß, dass jeder in diesem Raum mit vielen schwierigen Problemen zu tun hat. Aber wissen Sie, es muss mehr als das sein. Ich denke, eine Zukunft, in der Sie sagen: „Hey, selbst wenn ich es nicht bin, werden auf jeden Fall Menschen da draußen sein, wir werden eine Basis auf dem Mond haben, wir werden eine Stadt auf dem Mars haben, vielleicht noch weiter zu den Jupitermonden gehen und so weiter“. Ich denke, das ist eine sehr aufregende Zukunft. Und dann (…14:17)
Mathias Döpfner: Und Sie wollen ernsthaft auf dem Mars beerdigt werden?
Elon Musk: Nur nicht durch einen Einschlag. Ich meine, wir werden alle eines Tages sterben. Wenn ich sowieso eines Tages sterben werden, und ich habe die Auswahl zwischen dem Mars und der Erde – nun ja, Mars klingt cool. Auf der Erde geboren, auf dem Mars gestorben.
Mathias Döpfner: Vor zwei Jahren hatten wir ein Gespräch mit Jack Ma, und wir sprachen über die Pläne von Jeff Bezos in Bezug auf den Orbit, und er sagte, nun, lasst Jeff Bezos sich um den Orbit kümmern, ich kümmere mich um die Erde. Sie kümmern sich anscheinend um beides.
Elon Musk: Ja, im Grunde geht es bei Tesla darum, dafür zu sorgen, dass die Zukunft auf der Erde gut aussieht, und bei SpaceX geht es im Grunde um eine gute Zukunft jenseits der Erde. Und so ist es offensichtlich, dass wir sowohl den Verbrauch als auch die Produktion von Energie nachhaltig gestalten müssen. So wie Tesla es mit Sonnenkollektoren und Batterien macht. Ich denke, das ist einer der Schlüsselwege zu einer nachhaltigen Energieerzeugung, zumal die Batterien auch für Windenergie eingesetzt werden können. Und dann muss man das über (… 15:37) durch Elektrofahrzeuge verbrauchen. Wenn Sie aus der Zukunft zurückblicken und fragen, was Teslas grundlegender Verdienst war, würde ich das wahrscheinlich danach beurteilen wollen, um wie viele Jahre Tesla das Aufkommen nachhaltiger Energieerzeugung beschleunigt hat. So würde ich die Güte von Tesla messen. Und SpaceX betreffend: In welchem Maße haben wir die Wahrscheinlichkeit verbessert, dass die Menschheit eine raumfahrende Zivilisation wird.
Mathias Döpfner: Ich erinnere mich sehr gut an das Jahr 2014, als wir hier bei Axel Springer das Goldene Lenkrad verliehen und Sie den Preis für Ihr Lebenswerk erhielten. Ich saß in der ersten Reihe mit dem damals sehr erfolgreichen und berühmten Vorstandsvorsitzenden eines sehr großen deutschen Automobilkonzerns. Ich fragte ihn, während Sie auf der Bühne standen: „Ist dieser Typ nicht gefährlich für Sie? Ich meine, das scheint ihm wirklich ernst zu sein“. Und er sagte: „Oh nein, machen Sie sich keine Sorgen. Zunächst einmal wird die ganze Idee des elektrischen Fahrens niemals ein Massenmarkt werden. Zweitens haben diese Typen im Silicon Valley keine Ahnung von Technik und vom Bau wirklich schöner und toller Autos. Wir müssen uns also keine Sorgen machen“. Damals betrug die Marktkapitalisierung von Tesla 23 Milliarden, heute sind es 536 Milliarden US-Dollar. Damals lag die Marktkapitalisierung von VW bei 86 und heute bei 77. Sie sind mit Tesla zweieinhalb Mal größer als BMW, VW und Daimler zusammen.
Elon Musk: Ich habe sogar gesagt, die Aktie sei zu hoch bewertet. Was soll ich also tun? Die Aktie ist zu hoch. Bereits, als sie vor dem Split bei 800 Dollar lag, aber sie hören einfach nicht auf mich. Und die SEC (Securities and Exchange Commission / US-Börsenaufsichtsbehörde) beschwert sich wieder.
Mathias Döpfner: Ist es für Sie eine ernsthafte Option, einen der Amtsinhaber, also einen der großen Autokonzerne, zu kaufen?
Elon Musk: Wir werden definitiv keine feindliche Übernahme starten.
Mathias Döpfner: Aber eine freundliche?
Elon Musk: Wenn jemand sagt: ‚Hey, wir denken, es wäre eine gute Idee, mit Tesla zu fusionieren‘, dann würden wir dieses Gespräch auf jeden Fall führen. Aber wir wollen keine feindliche Übernahme-Situation haben.
Mathias Döpfner: Haben Sie damals viel Selbstgefälligkeit zu spüren bekommen? Ließen die Platzhirsche Sie spüren, dass Sie zwar eine Art hoffnungsloser Störer sind, aber nur sie selbst wissen, wie man Autos herstellt. Oder war man sehr höflich und nett zu Ihnen?
Elon Musk: Meinen Sie damals oder –
Mathias Döpfner: Damals. Heute sind alle super nett.
Elon Musk: Oh, nein, super nett würde ich nicht sagen, nein. Es fällt mir schwer, ihre Reaktionen als super-nett zu charakterisieren. Sie haben viele Adjektive verwendet. Ich nehme an, sie kannten keine positiveren. Wir haben uns wirklich sehr bemüht, viele Unternehmen zu überzeugen. Ehrlich gesagt, ich war in so vielen Panels, aber im Allgemeinen war die Stimmung, die zum Ausdruck gebracht wurde und die Sie eben erwähnten, ziemlich universell. Besonders 2008 oder 2007 (… 18:52). Im Grunde genommen haben sie gesagt, na ja, wir seien ein Haufen Idioten. Im Großen und Ganzen sagten sie: „Wer eine Autofirma gründet, ist verrückt. Ihr werdet all euer Geld verlieren“. Ich dachte: „Ja, ich werde wahrscheinlich mein ganzes Geld verlieren“. Ich nahm nicht an, dass wir erfolgreich sein würden. Ich dachte, wir hätten vielleicht eine Erfolgschance von 10%. Die Leute sagten also, dass wir scheitern würden, dass wir alles verlieren werden. Und ich dachte, ja, das stimmt wahrscheinlich. (… 19:24)
Mathias Döpfner: Vor ein paar Jahren haben wir uns in Amerika gesehen. Ein Mann fragte Sie in einem Gremium, wann das autonome Fahren genehmigt wird, und Sie sagten, es sei Ihnen nicht so wichtig, wann es genehmigt wird. Sie interessiere es mehr, wann Menschen im Auto verboten sein werden. Und dann sagte der Typ: „Das ist unrealistisch, das wird nie passieren. Im Auto wollen die Menschen aktiv etwas tun“. Sie erwiderten, dass vor hundert Jahren sich niemand einen Aufzug ohne einen Liftjungen vorstellen konnte. Und heute kann sich niemand mehr einen Aufzug mit einem Liftboy vorstellen. Wann also wird autonomes Fahren wirklich, wirklich stattfinden? Wann ist Tesla dazu in der Lage, und wann wird es genehmigt?
Elon Musk: Okay, nur zwischen uns.
Mathias Döpfner: Ja, das ist hier ein sehr diskreter Kreis.
Elon Musk: Zunächst einmal bin ich nicht gegen Autofahrer, um das klarzustellen. Die Menschen werden Autos so lange fahren, wie ich denken kann. Es wird nur immer ungewöhnlicher werden, mit dem eigenen Auto zu fahren. Und, na ja, es macht Spaß, ein angenehm zu fahrendes Auto auf einer kurvenreichen Straße auf einer schönen Strecke zu fahren – das macht natürlich Spaß. Aber es macht keinen Spaß, ein Auto in einem schrecklichen Stau zu fahren. Wenn man durch extremen Verkehr fährt, macht es keinen Spaß, ein Auto zu fahren. Es ist unwahrscheinlich, dass die Leute die meiste Zeit pendeln und dabei selbst fahren wollen. Viele verbringen durchschnittlich eineinhalb Stunden am Tag, oder sogar zwei, mit Autofahren, wie es in Kalifornien zum Beispiel (… 21:11) sehr häufig der Fall ist. Und einige Leute pendeln tatsächlich etwa drei Stunden am Tag; das ist manchmal ziemlich verrückt.
In etwa zehn Jahren werden fast alle Autos voll autonom sein; alle neu produzierten Autos. Es sind etwa zwei Milliarden Autos und Lastwagen in der bestehenden Flotte, und die Neufahrzeugproduktion macht etwa fünf Prozent der Flottengröße aus, also etwa hundert Millionen. Selbst dann, wenn alle neu produzierten Autos autonomiefähig sind, wird es also noch 20 Jahre dauern, bis alle Autos ersetzt sind, vorausgesetzt, die Zahl der Autos und Lastwagen in der Flotte bleibt konstant. (… 22:00) In zehn Jahren ist die große Mehrheit der Autos elektrisch, vielleicht 70, 80% oder mehr, und fast alle Autos sind autonom. Elektrisches autonomes Fahren steht in Zukunft außer Frage. Es bleibt nur die Frage des Wann.
Sobald die Leute aber denken, dass die globale Flotte sofort ersetzt wird, sage ich: „Nein, wir müssen 20 Jahre über diesen Punkt hinausgehen – 20 Jahre ab dem Zeitpunkt, an dem alle neuen Autos elektrisch sind – dann wird die Flotte ersetzt sein werden“. Viele Menschen denken an zwei- oder dreijährige Austauschraten von Mobiltelefonen, aber Autos sind ein viel teureres Gut mit einer längeren Lebensdauer.
Wie auch immer, um Ihre Frage tatsächlich zu beantworten: Ich bin äußerst zuversichtlich, dass wir im nächsten Jahr komplett autonom fahrende Autos anbieten und sie dem Tesla-Kundenstamm zur Verfügung stellen können. Es ist ungewiss, wie lange die behördliche Zulassung dauern wird. Aber ich denke, wenn man in der Lage ist, Milliarden von Kilometern autonomes Fahren zu akkumulieren, dann wird es schwierig, dagegen zu argumentieren. Und schauen Sie sich die Unfallrate an, wenn das Auto autonom ist im Vergleich zu nicht-autonomem Fahren. In der Tat zeigen unsere Statistiken bereits einen massiven Unterschied, ob das Auto mit oder ohne Autopiloten fährt. Die Sicherheit ist viel größer, selbst mit der aktuellen Autopilot-Software.
Mathias Döpfner: Und wir diskutieren über die Autonomie der Ebene 5, also wirklich volle Autonomie?
Elon Musk: Ja.
Mathias Döpfner: Wird man in Europa hinterherhinken, oder wird es hier zeitgleich mit Amerika oder China zugelassen werden?
Elon Musk: Es istschwer zu sagen, wann genau es verabschiedet wird. Unsere Kunden wissen das bereits, aber die EU-Aufsichtsbehörden sind die konservativsten. Ich bin mir nicht sicher, ob das von den Bürgern so gewollt ist. Unsere Kunden jedenfalls sind irgendwie unglücklich darüber. Die entsprechenden EU-Aufsichtsbehörden treffen sich nur alle sechs Monate. Vielleicht sollte man sich öfter treffen – ich weiß ja nicht. Aber ich denke, dass zumindest einige Gerichtsbarkeiten im nächsten Jahr das vollständige Selbstfahren erlauben werden.
Mathias Döpfner: Vor genau einem Jahr haben Sie in genau diesem Gebäude angekündigt, dass Sie einen neuen Standort in der Nähe von Berlin bauen wollen.
Elon Musk: Ja.
Mathias Döpfner: Und ein paar Monate später, im Juni, haben Sie angefangen, bis Juli nächsten Jahres wollen Sie den Bau abschließen. Wir haben heute Morgen einen kleinen Rundgang gemacht. Es ist beeindruckend und fast unglaublich, wie weit fortgeschritten es ist. Deutschland, insbesondere Berlin, ist nicht weltberühmt dafür, Baustellen rechtzeitig und im Budgetrahmen fertig zu stellen. Sie haben also eine Art Anti-Berlin-Flughafen-Projekt ins Leben gerufen. Warum Berlin? Warum sind Sie nach Deutschland und nach Berlin gegangen, um dieses große Projekt zu realisieren?
Elon Musk: Nun, zunächst einmal bin ich eigentlich ein großer Fan von Deutschland. Ich liebe Deutschland. Es ist großartig. Ich habe viele deutsche Freunde, und ich denke, Berlin ist eine Stadt, die Spaß macht. Auch aus Standortgründen macht es Sinn. Zum Beispiel können junge Leute in der Stadt Berlin zu einem vernünftigen Preis Wohnungen mieten. Aber wenn jemand eine Familie hat, gibt es hier auch erschwingliche Häuser. Es ist also ein guter Standort, der gutes Wohnen für Menschen jeden Alters und jeden Einkommens bietet.
Mathias Döpfner: Berlins Regierender Bürgermeister sagte einmal: „Berlin ist arm, aber sexy.“ Ist es das, was Sie angezogen hat?
Elon Musk: Ja. Berlin ist nicht so arm, aber es ist definitiv sexy. Wir werden zur Eröffnung der Giga Berlin eine große Party feiern. Sie sind übrigens alle eingeladen. Wir fangen am Tag mit Familienmusik an, werden dann allmählich mehr in Richtung Hardcore übergehen und dann von Mitternacht bis zum Morgengrauen Techno spielen.
Mathias Döpfner: Planen Sie selbst, mehr Zeit in Berlin zu verbringen? Oder wollen Sie teilweise hier leben?
Elon Musk: In der Tat, ja, ich werde hier viel Zeit verbringen.
Mathias Döpfner: Wo schlafen Sie heute Nacht?
Elon Musk: Heute Abend, in der Fabrik.
Mathias Döpfner: In der Fabrik?
Elon Musk: Nun, technisch gesehen in einem Konferenzraum in der Fabrik.
Mathias Döpfner: Sie schlafen heute Nacht in einem Konferenzraum in der noch nicht fertiggestellten Fabrik.
Elon Musk: Ja, das gibt mir ein gutes Gefühl dafür, was vor sich geht.
Mathias Döpfner: Alleine, oder…?
Elon Musk: Ja, das nehme ich an. Ist das eine Einladung?
Mathias Döpfner: Okay. Elon, du hast so viele Projekte. Es geht nicht nur um Tesla oder SpaceX. Es gibt Neuralink, die Boring Company, so viele Vorhaben. Ich habe Sie gefragt, was für Sie das wichtigste Projekt oder das wichtigste Thema sei, mit dem Sie sich in absehbarer Zeit beschäftigen müssen. Und Sie sagten, das sei wirklich die Rolle, die die Künstliche Intelligenz (KI) in unserer Gesellschaft spielen werde. Könnten Sie erklären, warum? Und warum das eine große Chance ist, die Sie aber auch zu beunruhigen scheint?
Elon Musk: Nun, der Mensch war lange Zeit das klügste Lebewesen auf der Erde, und das wird sich mit dem, was man üblicherweise generelle künstliche Intelligenz nennt (engl. AGI, Artificial General Intelligence), ändern. Das ist eine KI, die in jeder Hinsicht intelligenter ist als ein Mensch. Sie könnte sogar einen Menschen simulieren. Das ist etwas, worüber wir uns Sorgen machen sollten. Ich denke, es sollte eine staatliche Aufsicht über KI-Entwicklungen geben, insbesondere über hoch entwickelte KI. Bei allem, was eine potentielle Gefahr für die Öffentlichkeit darstellt, sind wir uns im Allgemeinen einig, dass es eine staatliche Aufsicht geben sollte, um sicherzustellen, dass für die öffentliche Sicherheit gesorgt wird.
Mathias Döpfner: Weil Sie das Gefühl haben, dass der Mensch eines Tages den Maschinen dienen könnte und nicht umgekehrt?
Elon Musk: Ehrlich gesagt, wenn ich die Menschen an ihren Telefonen sehe, dann denke ich, dass wir bereits den Maschinen dienen. Es ist, als ob jeder die Fragen beantwortet. Jedes Mal, wenn Sie eine Suche durchführen oder Informationen hinzufügen, bauen Sie sozusagen diesen digitalen Gruppengeist auf. Das Aufkommen der AGI wird nicht umsonst Singularität genannt, denn genau wie bei einem schwarzen Loch, das eine Singularität ist, ist es schwierig vorherzusagen, was passieren wird. Es ist also nicht so, dass das Aufkommen der AGI notwendigerweise schlecht sein wird, aber ‚schlecht‘ ist eines der möglichen Ergebnisse.
Mathias Döpfner: Und wann wird die Singularität in der Definition von Ray Kurzweil eintreten?
Elon Musk: Ich glaube, Sie sagten, dass er das Jahr 2025 vorhersagt. Ich denke, das ist einigermaßen richtig.
Mathias Döpfner: Und wie lässt sich vermeiden, dass es dann mehr eine Bedrohung für die Menschheit als eine Chance ist? Ist es eine Frage der Lenkungsform, damit nicht zu viel Macht in einer oder in wenigen Händen liegt? Oder wie würden Sie dafür sorgen, dass es in die richtige Richtung geht?
Elon Musk: Wir sollten eine staatliche Aufsicht haben, so wie wir eine staatliche Aufsicht und Regulierungen für Autos, Flugzeuge, Lebensmittel und Pharmazeutika haben. Es gibt Aufsichtsbehörden, die diese Entwicklungen überwachen, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Und ich denke, die digitale Superintelligenz wird auch ein potenzielles Risiko für die öffentliche Sicherheit. Daher ist es sehr wichtig, dass die Regulierungsbehörden dies im Auge behalten.
Mathias Döpfner: Wem sollten die Daten bis dahin gehören?
Elon Musk: Jeder sollte seine eigenen Daten besitzen, wie Personen auch ihre Daten besitzen. Und es sollte sicherlich nicht so sein, dass die Leute durch die Geschäftsbedingungen einiger Websites ausgetrickst werden und das Recht auf ihre eigenen Daten verlieren. Das ist doch verrückt. Wer liest diese Geschäftsbedingungen überhaupt?
Aber wir würden es auch nicht zulassen, dass irgendwelche Leute im Hinterhof eine Atombombe entwickeln. Das wäre verrückt. Eine digitale Superintelligenz hat meiner Meinung nach das Potenzial, gefährlicher als eine Atombombe zu sein. Jemand sollte das im Auge behalten. Wir können hier nicht den Bock zum Gärtner machen.
Mathias Döpfner: Das ist ein globales Thema. Denn wenn wir uns richtig verhalten, aber China andere Regeln und einen anderen Rechtsrahmen hat – das ist eine weitere Herausforderung.
Elon Musk: Das ist eine der Entgegnungen, die ich von KI Entwicklern bekomme. Tesla entwickelt auch eine Form der KI mit selbstfahrenden Autos, aber es ist eine sehr eingegrenzte Form der KI. So ein Auto wird nicht eines Tages aufwachen und die Welt übernehmen. Mir wird entgegnet, dass China eine ungehinderte KI-Entwicklung haben wird. Wenn wir also Vorschriften haben und das verlangsamt uns, dann wird China uns voraus und erfolgreich sein. Aus meinen Gesprächen mit Regierungsbeamten in China habe ich allerdings den Eindruck gewonnen, dass auch sie bezüglich künstlicher Intelligenz ziemlich besorgt sind, und dass sie wahrscheinlich eine bessere Überwachung haben werden als andere Länder.
Mathias Döpfner: Was ist die größte Herausforderung, die vor uns liegt? Generell, nicht nur in Bezug auf KI. Was ist das größte Problem, das gelöst werden muss?
Elon Musk: Was ist die größte Bedrohung für die Zukunft der Menschheit oder so etwas? Nun, die künstliche Intelligenz ist sicherlich eines der größten Risiken. Jedenfalls könnte sie das größte Risiko sein. Ich denke, wir müssen uns vor einem Populationszusammenbruch in Acht nehmen. Das ist für die meisten Menschen nicht leicht nachzuvollziehen. Sie denken, dass (… 32:23) so viele Menschen, vielleicht zu viele Menschen. Aber das liegt nur daran, dass sie in einer Stadt leben. Wenn Sie in einem Flugzeug unterwegs wären und Kanonenkugeln abwerfen würden, wie oft würden Sie eine Person treffen? Im Grunde genommen nie. Tatsächlich fallen ständig Dinge aus dem Weltall herab. Natürliche Meteoriten, alte Raketenstufen; die ganze Zeit. Aber niemand macht sich darüber Sorgen. Es gibt eine coole Website namens „Wait But Why“ von Tim Urban. Dieser hat gerade erst ausgerechnet, dass alle Menschen auf der Erde in der Stadt New York auf einer Ebene Platz finden. Wir bräuchten nicht einmal ein weiteres Stockwerk. Das bedeutet, dass der Querschnitt aller Menschen im Vergleich zur Erdoberfläche extrem winzig ist. Im Grunde verschwindend klein, fast nichts.
Wir müssen uns also vor einem Bevölkerungszusammenbruch hüten. Eine niedrige Geburtenrate ist meiner Meinung nach ein großes Risiko, und sie ist auch nicht gerade streng geheim. Sie können einen Blick auf Wikipedia werfen. Das wäre definitiv das Ende der Zivilisation mit einem Wimmern, nicht mit einem Knall. Es wäre ein trauriges Ende, wo das Durchschnittsalter sehr hoch wäre und die Jugend de facto versklavt wäre, sich um die Alten zu kümmern. Dies ist kein gutes Ende.
Mathias Döpfner: Haben Sie neue Projekte zu diesem Thema, das Sie gerade angesprochen haben?
Elon Musk: Nun, ich versuche, an der Kinderfront mit gutem Beispiel voranzugehen.
Mathias Döpfner: Sechs Kinder.
Elon Musk: Ja. Vorläufig.
Mathias Döpfner: Wie viel Zeit verbringen Sie mit ihnen?
Elon Musk: Ich verbringe ungefähr so viel Zeit mit ihnen, wie sie mit mir verbringen wollen. Eines ist ein Baby, und die anderen sind 14- und 16-jährige Teenager. Normalerweise wollen die nicht so viel Zeit mit ihren Eltern verbringen. Wir hatten gerade Thanksgiving Wochenende, also waren alle Kinder da, und ich habe sie gefragt: „Seid ihr euch sicher? Wollt ihr nicht mehr Zeit mit mir verbringen ?“ und sie meinten: „Nein“. Also denke ich, dass es dann wahrscheinlich die richtige Menge Zeit ist.
Wir sollten diese Themen wirklich ernst nehmen; der Bevölkerungszusammenbruch, die künstliche Intelligenz und natürlich die nachhaltige Energieerzeugung. Je schneller wir zur erneuerbaren Energie übergehen, desto weniger riskieren wir das Klima.
Ich denke, dass es an der medizinischen Front viele Durchbrüche geben wird, insbesondere im Bereich der synthetischen mRNA. Letztendlich kann man mit der synthetischen RNA, der DNA, alles machen. Wirklich, es ist wie ein Computerprogramm. Man könnte den Alterungsprozess wahrscheinlich aufhalten und sogar umkehren, wenn man will. Man kann eigentlich alles tun. Man kann jemanden mit der richtigen DNA-Sequenz in einen Schmetterling verwandeln, wenn man will. Raupen machen das.
Mathias Döpfner: Aber Ihr Projekt Neuralink stärkt in gewisser Weise die menschliche Intelligenz gegenüber der künstlichen Intelligenz. Das ist der Zweck des Projekts. Ist das richtig?
Elon Musk: Kurz- bis mittelfristig wird Neuralink nur dazu beitragen, Verletzungen des Gehirns und der Wirbelsäule zu heilen. Unser erstes Implantat wird für völlig querschnittsgelähmte Menschen sein, welches ihnen ermöglicht, einen Computer oder ein Telefon gedanklich zu steuern. Sie können es sich so vorstellen, als ob Stephen Hawking hätte sprechen können, und zwar mit normaler Geschwindigkeit oder sogar schneller als normal.
Mathias Döpfner: Was ist im Rückblick auf die letzten Jahrtausende die bisher wichtigste Erfindung der Menschheit?
Elon Musk: In den letzten tausend Jahren, glaube ich –
Mathias Döpfner: Millionen.
Elon Musk: Oh, Millionen. Ich denke, die Sprache, die Fähigkeit zu sprechen und Konzepte auszudrücken, ist wahrscheinlich die größte Erfindung der Menschheit.
Mathias Döpfner: Das ist eine Antwort, die uns im Verlagswesen sehr gut gefällt (… 37:01).
Elon Musk: Ja, absolut. Schreiben ist einfach unglaublich. Schreiben hat wirklich einen großen Unterschied gemacht. Dieser Gutenberg wusste wirklich, was er tat.
Mathias Döpfner: Mit Nikola Tesla haben Sie eines gemeinsam, nämlich ein fotografisches Gedächtnis. Ist das nur ein Geschenk, oder manchmal auch eine Last, weil Sie sich zu viel merken?
Elon Musk: Ich habe in gewissen Bereichen ein fotografisches Gedächtnis.
Mathias Döpfner: (… 37:23)?
Elon Musk: Für technische Dinge habe ich ein sehr gutes Gedächtnis – für einen Menschen. Computer haben ein viel besseres Gedächtnis.
Mathias Döpfner: Warum ist Musik für Sie so wichtig? Vor allem Techno-Musik?
Elon Musk: Nun, es macht ziemlich viel Spaß. Ich denke, manchmal möchte man sich maximal menschlich fühlen. Durch einen Rave und gute Musik können die Leute das Leben spüren. Was ruft solche Gefühle hervor? Ich denke, es macht Spaß, mit Freunden zusammen zu sein und wie wild zu tanzen.
Mathias Döpfner: Vielleicht ist Ihre Liebe zur Techno-Musik der geheime Grund, warum Sie in Berlin große Projekte angehen.
Elon Musk: Ehrlich gesagt, das ist ein wichtiger Faktor.
Mathias Döpfner: Okay, Elon, letzte Frage. Sie haben Ihren 30. Geburtstag mit einem Maskenball in Venedig gefeiert. Zu Ihrem 40. Geburtstag wurde mir gesagt, dass Sie einen Kampf mit einem Samurai-Schwertkämpfer hatten. Was ist Ihr Plan für Ihren 50. Geburtstag im nächsten Jahr?
Elon Musk: Nun, mein 40. Geburtstag war in Venedig. Eigentlich war es ein post-apokalyptischer Maskenball. Denn wieviel Kleidung wird man noch nach der Apokalypse haben? Sie wird wahrscheinlich ein bisschen zerlumpt, ein bisschen verbrannt sein.
Mathias Döpfner: Keine Pläne für den 50.?
Elon Musk: Ja, 50., hm? Die Party zum halben Jahrhundert. Ich muss mir etwas einfallen lassen. Normalerweise nehme ich ein verrücktes Thema. Die Party, bei der ich schließlich mit dem Wrestling-Weltmeister gerungen habe, währenddessen übrigens auch eine Bandscheibe in meinem Nacken in Mitleidenschaft geraten ist, also fünf Minuten Ruhm für fünf Jahre Schmerz, das tat wirklich weh – diese Party war viktorianisch japanischer Steampunk. Das war cool. Ich muss mir etwas für die Party zum halben Jahrhundert ausdenken.
Mathias Döpfner: Sie haben ein wenig Zeit, darüber nachzudenken.
Elon Musk: Hey, ich war ein halbes Jahrhundert auf der Erde, das ist gut, ich lebe noch, wow, cool.
Mathias Döpfner: Okay. Eine allerletzte Frage. Als ich Sie während eines Abendessens fragte, was der Sinn des Lebens ist…
Elon Musk: 42.
Mathias Döpfner: Sie sagten nach einer Weile, ‚Na ja, wahrscheinlich dieser wunderbare französische Käse.‘ Könnten Sie das bitte erklären?
Elon Musk: Nun, was ich sagen wollte ist, dass man sich die Zeit nehmen sollte, um Dinge im Leben und sinnliche Erfahrungen zu schätzen. Essen ist unglaublich. Es gibt so viele gute Dinge, die man erleben kann, und einige davon kosten nichts. Wissen Sie, ein Spaziergang in der Natur oder einfach nur ein schönes Essen; das ist großartig, das ist ziemlich toll. Wir sollten uns einen Moment Zeit nehmen, um diese kleinen Dinge und die großen Dinge zu würdigen. Die Dinge, die Ihr Herz bewegen. Ich denke, das ist wahrscheinlich der Sinn des Lebens; so würde ich versuchen ihn zu definieren.
Mathias Döpfner: Vielen Dank, Elon.
Elon Musk: Gerne. (40:52)