In der zweiten Hälfte des TED Interviews (36:55 – 1:06:24), das Chris Anderson mit Elon Musk am 6. April 2022 in der Gigafactory in Austin, Texas, geführt hat, sprechen die beiden über die Möglichkeiten, die SpaceX mit Starship eröffnet, die Verbindungen und Bedeutung, die die Unternehmen Tesla, SpaceX, The Boring Company und Neuralink haben, und die Beweggründe von Elon Musk, das zu tun, was er tut. Zu Teil 1 des Interviews und zum englischen Transkript gelangen Sie durch Klicken der Links.

Chris Anderson: (36:55) Wenn die KI die Erde zerstören würde, brauchen wir einen Plan B. Wenden wir uns dem Weltraum zu. Als wir das letzte Mal über Wiederverwendbarkeit sprachen, hattest Du das gerade zum ersten Mal spektakulär demonstriert. Seitdem arbeitest Du an dieser Monsterrakete, Starship, die die Spielregeln auf spektakuläre Art und Weise ändert. Erzähl uns von Starship.
Elon Musk: Ja. Starship ist extrem wichtig. Der heilige Gral der Raketentechnik beziehungsweise des Weltraumtransports ist die vollständige und schnelle Wiederverwendbarkeit. Das ist noch nie erreicht worden. Dem am nächsten kommt unsere Falcon 9-Rakete, bei der wir die erste Stufe, die Booster-Stufe, wiederverwenden können, die wahrscheinlich etwa 60 % der Kosten des Gefährts oder des gesamten Starts ausmacht. Vielleicht 70 %. Und das haben wir jetzt schon über 100-mal gemacht.
Mit Starship werden wir also das gesamte Ding zurückholen. Zumindest ist das das Ziel. Und zwar so, dass es sofort wieder geflogen werden kann. Bei der Falcon 9 hingegen müssen wir den Booster und die Verkleidung der Raketenspitze in gewissem Umfang überholen. Aber bei Starship ist das Ziel der Konstruktion der sofortige Wiederflug. Man füllt einfach Treibstoff nach und fliegt weiter. Das ist gigantisch. Genau wie bei jedem anderen Transportmittel auch.
Chris Anderson: (38:33) Und die Hauptaufgabe besteht darin, 100 und mehr Menschen auf einmal zum Mars zu bringen, zusammen mit einer Reihe von Dingen, die sie brauchen. Sprich also zunächst einmal über diesen Teil. Was ist Dein neuester Zeitplan? Erstens, zum ersten Mal fliegt ein Raumschiff zum Mars, vermutlich ohne Menschen, sondern nur mit Ausrüstung. Zweitens, mit Menschen. Drittens, 100 Menschen auf einmal. Los geht’s.
Elon Musk: (39:04) Nun, nur um die Sache mit den Kosten zu relativieren. Die voraussichtlichen Kosten, mit Starship 100 Tonnen in die Umlaufbahn zu bringen, sind deutlich geringer als die Kosten, mit unserer winzige Falcon-1-Rakete in die Umlaufbahn zu gelangen. Genauso wie die Kosten für eine Weltumrundung mit einer 747 geringer sind als die Kosten für ein Kleinflugzeug. Du weißt schon, ein kleines Flugzeug, das weggeworfen würde. Es ist also wirklich ziemlich verblüffend, dass das riesige Ding viel weniger kostet als das kleine Ding. Es werden keine exotischen Treibstoffe oder Dinge verwendet, die auf dem Mars schwer zu beschaffen sind. Als Treibstoff wird Methan verwendet, das hauptsächlich aus Sauerstoff besteht – ungefähr 77, 78 % Sauerstoff nach Gewicht. Der Mars hat eine CO2-Atmosphäre und verfügt über Wassereis, das aus CO2 und H2O besteht, so dass man auf dem Mars CH4-Methan und O2-Sauerstoff herstellen kann.
Chris Anderson: (40:11) Vermutlich wird eine der ersten Aufgaben auf dem Mars darin bestehen, eine Treibstoffanlage zu bauen, die den Treibstoff für die Rückflüge vieler Raumschiffe erzeugen kann.
Elon Musk: Ja. Und eigentlich wird es hauptsächlich eine Sauerstoffanlage sein, denn der Treibstoff besteht aus 78 % Sauerstoff und 22 % Brennstoff. Aber der Treibstoff ist ein einfacher Treibstoff, der auf dem Mars und in vielen anderen Teilen des Sonnensystems leicht zu erzeugen ist. Und es handelt sich um eine reine Antriebslandung, keine Fallschirme, nichts wird weggeworfen. Es hat einen Hitzeschild, der sowohl auf der Erde als auch dem Mars eingesetzt werden kann. Wir könnten sogar zur Venus fliegen, aber da willst Du nicht hin. Die Venus ist die Hölle, fast buchstäblich. Aber man könnte. Es ist eine generelle Transportmethode zu jedem Ort im Sonnensystem. Denn ab dem Punkt, an dem man ein Treibstoffdepot auf dem Mars hat, kann man zum Asteroidengürtel und zu den Monden des Jupiters reisen, und dann zum Saturn und schließlich überall hin im Sonnensystem.
Chris Anderson: (41:20) Richtig. Dein Hauptaugenmerk und das von SpaceX ist immer noch der Mars. Das ist die Mission. Werden da die meisten Anstrengungen reingesteckt? Oder stellst Du Dir ein viel breiteres Spektrum an Einsatzmöglichkeiten vor, in denen dieses System bereits in den kommenden zehn Jahren oder so eingesetzt wird? Wir könnten zum Beispiel zu anderen Orten im Sonnensystem fliegen, um sie zu erforschen… Vielleicht möchte die NASA die Rakete aus diesem Grund einsetzen?
Elon Musk: Ja. Die NASA plant, mit einem Raumschiff zum Mond zurückzukehren, um Menschen auf den Mond zu bringen. Wir fühlen uns also sehr geehrt, dass die NASA uns für diese Aufgabe ausgewählt hat. Aber ich sage, es ist eine generelle Lösung, um überall im größeren Sonnensystem hinzukommen. Es ist nicht geeignet, um zu einem anderen Sonnensystem zu fliegen, aber es ist eine generelle Lösung für den Transport überall in unserem Sonnensystem.
Chris Anderson: (42:25) Bevor Starship irgendetwas davon tun kann, muss es beweisen, dass es in eine Umlaufbahn um die Erde gelangen kann. Was ist Deine neueste Einschätzung bezüglich des Zeitplans dafür?
Elon Musk: Es sieht vielversprechend aus, dass wir in ein paar Monaten einen Startversuch zum Orbit unternehmen werden. Wir integrieren die Triebwerke in den Booster für den ersten Orbitalflug in ein oder zwei Wochen. Und der Startkomplex selbst ist einsatzbereit. Wenn wir also die behördliche Genehmigung erhalten, denke ich, dass wir in ein paar Monaten einen Startversuch unternehmen können.
Chris Anderson: Und bei einer radikalen neuen Technologie wie dieser besteht vermutlich ein echtes Risiko bei diesen ersten Versuchen.
Elon Musk: Ja, ich meine, der Witz, den ich ständig mache, ist, dass Spannung garantiert ist. Erfolg ist nicht garantiert, aber spannend wird es auf jeden Fall.
Chris Anderson: (43:23) Aber laut Deines letzten Zeitplans wurde der voraussichtliche Termin für den ersten Menschen auf dem Mars auf 2029 verschoben, richtig?
Elon Musk: Ja, ich meine, schauen wir mal. Wir haben ein Produktionssystem für Starship gebaut. Wir stellen also eine Menge Schiffe und Booster her.
Chris Anderson: Wie viele wollt Ihr eigentlich bauen?
Elon Musk: Wir gehen derzeit davon aus, dass wir etwa alle… nun ja, anfangs etwa alle paar Monate eine Trägerrakete und ein Raumschiff bauen werden, und hoffentlich bis zum Ende dieses Jahres eine pro Monat. Es geht um riesige Raketen, und zwar eine ganze Menge davon. Um eine sich selbst versorgende Stadt auf dem Mars zu errichten, braucht man etwa tausend Raumschiffe, um nur eine grobe Größenordnung zu nennen. Und wir bräuchten eine Helena von Sparta auf dem Mars, schätze ich.

Chris Anderson: (44:18) Das ist den meisten Menschen nicht bewusst.
Elon Musk: Der Planet, von dem aus tausend Schiffe gestartet sind.
Chris Anderson: Das ist schön. Aber das ist nicht in den Köpfen der meisten Menschen, dieses Bild, das Du im Kopf hast. Es gibt im Grunde nur ein Zweijahresfenster. Man kann wirklich nur alle zwei Jahre zum Mars fliegen. Du stellst Dir vor, dass in den 2030er Jahren alle paar Jahre etwa 1.000 Raumschiffe mit jeweils 100 oder mehr Menschen an Bord abheben. Diese Vorstellung ist für mich einfach umwerfend. Dieses Gefühl, dass diese Armada von Menschen nach…
Elon Musk: Ja, wie bei „Battlestar Galactica“, die Flotte bricht auf.
Chris Anderson: (44:57) Und Du gehst davon aus, dass es von Leuten finanziert werden kann, die vielleicht ein paar Hunderttausend für ein Ticket zum Mars ausgeben. Ist das der ungefähre Preis?
Elon Musk: Nun, wenn man sich fragt, was erforderlich ist, um genügend Menschen und genügend Fracht zum Mars zu bringen, um eine sich selbst versorgende Stadt zu bauen. Denn ich denke, dass nur ein kleiner Prozentsatz der Menschheit dorthin will und es sich auch leisten kann oder auf irgendeine Weise gefördert wird. Diese Schnittmenge muss eine Million Menschen oder so ähnlich betragen.
Die Frage ist also, was sich eine Million Menschen leisten können oder wofür sie Unterstützung bekommen, denn ich gehe davon aus, dass die Regierungen auch dafür bezahlen werden und die Menschen Kredite aufnehmen können. Aber an dem Punkt, an dem man sagt, okay, wenn die Kosten für einen Umzug zum Mars, um es mal so auszudrücken, 100.000 Dollar betragen, dann denke ich, dass fast jeder arbeiten und sparen kann und schließlich 100.000 Dollar hat und in der Lage sein wird, zum Mars zu gehen, wenn er will. Wir wollen es jedem, der will, ermöglichen, dorthin zu gehen.
Es ist sehr wichtig zu betonen, dass der Mars, besonders am Anfang, nicht luxuriös sein wird. Es wird gefährlich, beengt, schwierig, harte Arbeit sein. Es ist ein bisschen wie die Shackleton-Werbung für eine Reise in die Antarktis, die meiner Meinung nach nicht echt ist, aber sie klingt echt und sie ist cool.

Die Werbung für eine Reise zum Mars lautet in etwa so: „Es ist gefährlich, es ist eng. Vielleicht schaffen Sie es nicht zurück. Es ist schwierig. Es ist harte Arbeit.“ Das ist das Verkaufsargument.
Chris Anderson: (46:41) Richtig. „Sie werden Geschichte schreiben“.
Elon Musk: „Aber es wird glorreich sein“.
Chris Anderson: Richtig. Mit einer solchen Startquote könntest Du also in zwei Jahrzehnten eine Million Menschen auf den Mars bringen. Wessen Stadt ist das? Ist es die Stadt der NASA, ist es die Stadt von SpaceX?
Elon Musk: Es ist die Stadt der Marsbewohner. Der Grund dafür… also, warum tun wir das? Ich denke, es ist wichtig, um die wahrscheinliche Lebensspanne der Menschheit oder des Bewusstseins zu maximieren. Die menschliche Zivilisation könnte aus äußeren Gründen zu einem Ende kommen, etwa durch einen riesigen Meteor, durch Super-Vulkane, durch extreme Klimaveränderungen, durch den Dritten Weltkrieg oder, Du weißt schon, durch was auch immer. Aber die wahrscheinliche Lebensspanne des zivilisatorischen Bewusstseins, wie wir es kennen, sollten wir wirklich als eine sehr zarte Sache betrachten, wie eine kleine Kerze in einer riesigen Dunkelheit. Genau das scheint der Fall zu sein. Wir befinden uns in dieser riesigen Dunkelheit des Weltraums, und da ist diese kleine Kerze des Bewusstseins, die erst nach viereinhalb Milliarden Jahren entstanden ist. Und sie könnte einfach erlöschen.
Chris Anderson: (48:01) Ich denke, das ist sehr überzeugend, und ich glaube, dass diese Vision viele Menschen inspirieren wird. Man braucht also die Million Menschen, damit es genug Leute gibt, um alles zu tun, was zum Überleben nötig ist.
Elon Musk: Der Prüfstein ist wirklich, ob die Marsstadt ausstirbt oder nicht, wenn die Schiffe von der Erde aus irgendeinem Grund aufhören zu kommen. Und deshalb müssen wir… ich meine, die Leute reden über die großen Filter, die Dinge, die vielleicht… also, wir reden über das Fermi-Paradoxon, und wo sind die Außerirdischen. Nun, vielleicht gibt es diese verschiedenen großen Filter, die die Außerirdischen nicht bestanden haben, so dass sie schließlich einfach aufgehört haben zu existieren. Und einer der großen Filter ist es, eine multiplanetare Spezies zu werden. Also wollen wir diesen Filter durchlaufen. Ich werde schon lange tot sein, bevor das eine echte Sache ist, bevor es passiert. Aber ich würde es gerne sehen, wenn wir zumindest große Fortschritte in dieser Richtung machten.
Chris Anderson: (49:07) Wenn man bedenkt, wie sehr die Erde im Moment gequält wird, was wir uns gegenseitig antun, sollte es da nicht Diskussionen mit allen geben, die vom Mars träumen, um zu sagen, dass wir eine einmalige zivilisatorische Chance haben, hier ein paar neue Regeln aufzustellen? Sollte jemand versuchen, diese Diskussionen zu leiten, um herauszufinden, was es bedeutet, dass dies die Stadt der Marsbewohner sein wird?
Elon Musk: Nun, ich denke, dass es letztlich an den Marsbewohnern liegt, wie sie die Gesellschaft umgestalten wollen. Aber es besteht sicherlich ein Risiko, und ich hoffe, dass die Marsbewohner aufgeklärter sein werden und sich nicht zu sehr bekämpfen werden. Ich meine, ich habe einige Empfehlungen, auf die die Marsbewohner hören können oder auch nicht. Ich würde für eine direkte Demokratie plädieren, nicht für eine repräsentative Demokratie, und für Gesetze, die kurz genug sind, damit die Menschen sie verstehen. Und wo es schwieriger ist, Gesetze zu erlassen als sie abzuschaffen.
Chris Anderson: (50:14) Zurück zur etwas näheren Zukunft. Ich würde gerne ein wenig über die anderen Möglichkeiten sprechen, die Starship geschaffen zu haben scheint. Plötzlich haben wir die Möglichkeit, 100 Tonnen und mehr in die Umlaufbahn zu bringen. Wir haben gerade das James-Webb-Teleskop in den Weltraum gebracht. Das ist eine unglaubliche Sache. Unglaublich.
Elon Musk: Ein ausgezeichnetes Stück Technologie.
Chris Anderson: Ein ausgezeichnetes Stück Technik. Aber es hat zwei Jahre gedauert, um herauszufinden, wie man dieses Ding zusammenfalten kann. Es ist ein Drei-Tonnen-Teleskop.
Elon Musk: Wir können es viel einfacher machen, wenn man mehr Volumen und Masse zur Verfügung hat.
Chris Anderson: (50:47) Nun, aber lass uns eine andere Frage stellen, nämlich: Wie viel leistungsfähiger könnte jemand ein Teleskop entwerfen, wenn man zum Beispiel Starship verwendet?
Elon Musk: Ich schätze, dass wahrscheinlich eine Größenordnung mehr Auflösung möglich ist, wenn man 100 Tonnen und 1.000 Kubikmeter Volumen hat, was ungefähr dem entspricht, was Starship bietet.
Chris Anderson: Und was ist mit anderen Erkundungen im Sonnensystem? Ich meine, ich bin, Du weißt schon…
Elon Musk: Europa ist ein großes Fragezeichen.

(Der Planet Europa ist so groß wie unser Mond, aber besitzt mehr Wasser als alle Meere der Erde zusammengenommen.)
Chris Anderson: Richtig. Es gibt dort einen Ozean, richtig? Und eigentlich möchtest Du ein U-Boot dort in den Ozean werfen.
Elon Musk: Ja, ich meine, vielleicht gibt es eine Tintenfisch-Zivilisation, eine Kopffüßer-Zivilisation, unter dem Eis von Europa. Das wäre ziemlich interessant.
Chris Anderson: Also, wenn Du ein U-Boot zum Planteten Europa bringen könntest und wir Bilder davon sehen würden, wie dieses Ding von einem Tintenfisch verschlungen wird, dann wäre das ehrlich gesagt der glücklichste Moment meines Lebens.
Elon Musk: Ziemlich abgefahren, ja.
Chris Anderson: Welche anderen Möglichkeiten gibt es noch? Ich meine, wenn man 1.000 dieser Dinger herstellt und sie nur alle zwei Jahre zum Mars fliegen können, was macht man mit ihnen im Rest der Zeit? Ich glaube, dass es eine Unmenge von Möglichkeiten gibt, über die die Leute nicht wirklich nachdenken.
Elon Musk: Ich weiß es nicht. Wir haben sicherlich noch einen langen Weg vor uns. Wie Du bereits angedeutet hast, müssen wir noch in die Umlaufbahn gelangen. Und dann, nachdem wir die Umlaufbahn erreicht haben, müssen wir die vollständige und schnelle Wiederverwendbarkeit wirklich beweisen und verfeinern. Das wird eine Weile dauern. Aber ich gehe davon aus, dass wir dieses Problem lösen werden. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir es zu diesem Zeitpunkt lösen werden.
Chris Anderson: (52:25) Wachst Du jemals mit der Befürchtung auf, dass es diesen Hindenburg-Moment für SpaceX geben wird, wo…
Elon Musk: Wir hatten schon viele Hindenburg… nun, wir hatten noch nie Hindenburg-Momente mit Menschen, was sehr wichtig ist. Das ist ein großer Unterschied. Wir haben eine ganze Reihe von Raketen in die Luft gejagt. Es gibt eine ganze Zusammenstellung davon im Internet. Sie zeigt, wie schwer Raketentechnologie ist. Ich meine, die schiere Menge an Energie, die durch eine Rakete fließt, ist unfassbar. Es ist sehr schwierig, aus dem Gravitationsfeld der Erde herauszukommen. Wir haben eine starke Schwerkraft und eine dicke Atmosphäre. Der Mars hat weniger als 40 %, etwa 37 % der Erdanziehungskraft, und eine dünne Atmosphäre. Das Schiff allein kann den ganzen Weg von der Marsoberfläche zur Erdoberfläche zurücklegen. Um zum Mars zu gelangen, braucht man hingegen eine riesige Trägerrakete und eine Wiederauffüllung in der Umlaufbahn.
Chris Anderson: (53:17) Also, Elon, wenn ich mehr über diese unglaubliche Reihe von Dingen nachdenke, an denen Du beteiligt bist, sehe ich immer wieder diese Synergien – um ein schreckliches Wort zu benutzen – zwischen ihnen. Die Roboter, die Du bei Tesla baust, könnten zum Beispiel auf dem Mars sehr nützlich sein, um einige der gefährlichen Arbeiten zu erledigen. Ich meine, vielleicht gibt es ein Szenario, in dem die Stadt auf dem Mars nicht eine Million Menschen braucht. Sie braucht eine halbe Million Menschen und eine halbe Million Roboter.
Elon Musk: Sicher.
Chris Anderson: Das ist eine Möglichkeit. Vielleicht könnte die Boring Company eine Rolle dabei spielen, einige dieser unterirdischen Wohnräume zu schaffen, die gebraucht werden. Zurück auf der Erde könnte eine Partnerschaft zwischen der Boring Company und Tesla einer Stadt ein unglaubliches Angebot machen: „Wir bauen für Sie ein 3D-Tunnelnetz mit Robo-Taxis, die schnelle und kostengünstige Transportmöglichkeiten für jedermann bieten.“ Es kann sein, dass das selbstfahrende Auto noch in diesem Jahr fertig wird. In einigen Städten, wie zum Beispiel in Mumbai, wird es vermutlich erst in zehn Jahren so weit sein.
Elon Musk: Manche Orte sind anspruchsvoller als andere.
Chris Anderson: Aber mit dem, was Du heute hast, könntest Du ein 3D-Tunnelnetz darunter verlegen.
Elon Musk: Oh, wenn es nur um selbstfahrende Autos in Tunneln geht, ist das im Grunde ein gelöstes Problem.
Chris Anderson: (54:37) Genau, vollständig selbstfahrende Fahrzeuge sind ein gelöstes Problem. Meiner Meinung nach gibt es hier also eine erstaunliche Synergie. Mit Starship, so meinte Gwynne Shotwell, könnten wir bis 2028 eine schnelle Stadt-zu-Stadt Verbindung erlangen, also einen Transport um den Erdball herum.
Elon Musk: Ja, das ist eine echte Möglichkeit. Der schnellste Weg, um von einem Ort zum anderen zu gelangen, wenn es sich um eine große Entfernung handelt, ist eine Rakete. Das ist im Grunde eine Interkontinentalraketemit Landung, ohne die Atombombe.
Chris Anderson: Aber sie muss landen… Da es sich um eine Interkontinentalrakete handelt, muss sie wahrscheinlich vor der Küste landen, weil sie laut ist.
Elon Musk: Ja, es ist laut.
Chris Anderson: Warum also nicht einen Tunnel haben, der dann mit Teslas in die Stadt führt?
Elon Musk: Ja, das wäre cool.
Chris Anderson: Und Neuralink. Ich meine, wenn man zum Mars fliegt, sollte man eine telepathische Verbindung mit seinen Lieben zu Hause haben, selbst wenn es eine Zeitverzögerung gibt…
Elon Musk: Es ist übrigens nicht beabsichtigt, dass sie miteinander verbunden werden, aber es könnte sicherlich einige Synergien geben, ja.
Chris Anderson: (55:35) Sicherlich gibt es immer mehr Argumente dafür, dass man all diese Dinge in einem Unternehmen zusammenfassen und einfach ein Unternehmen gründen sollte, das sich der Gestaltung einer spannenden Zukunft widmet und tausend Blumen blühen lässt. Hast Du darüber schon einmal nachgedacht?
Elon Musk: (55:53) Ich meine, es ist schwierig, weil Tesla ein börsennotiertes Unternehmen ist und die Investorenbasis von Tesla und SpaceX und sicherlich auch von Boring Company und Neuralink sehr unterschiedlich ist. Boring Company und Neuralink sind winzige Unternehmen. Tesla hat 110.000 Mitarbeiter, SpaceX, glaube ich, hat etwa 12.000 Mitarbeiter, Boring Company und Neuralink haben beide weniger als 200 Mitarbeiter. Sie sind also kleine, winzige Unternehmen, aber sie werden in Zukunft wahrscheinlich größer werden. Es ist nicht so einfach, diese Dinge zu kombinieren.
Chris Anderson: Du hast gesagt, dass Du vor allem SpaceX nicht an der Börse haben möchtest, weil öffentliche Investoren die verrückte Idee, zum Mars zu fliegen oder was auch immer, nicht unterstützen würden.
Elon Musk: Ja, ein Leben auf mehreren Planeten liegt außerhalb des normalen Zeithorizonts der Wall-Street-Analysten, um es vorsichtig auszudrücken.
Chris Anderson: Ich glaube, es hat sich etwas geändert. Was sich geändert hat, ist, dass Tesla jetzt so mächtig und so groß ist und so viel Geld abwirft, dass man hier tatsächlich eine Verbindung herstellen könnte. Sag der Öffentlichkeit einfach, dass x Milliarden Dollar pro Jahr, wie auch immer Deine Zahl lautet, in die Mars-Mission umgeleitet werden. Ich vermute, das Interesse an diesem Unternehmen wäre enorm. Und das könnte Dir viel mehr Möglichkeiten eröffnen, oder?
Elon Musk: Ich meine, ich würde der Öffentlichkeit gerne die Möglichkeit geben, Eigentümer von SpaceX zu werden. Aber die Kosten, die mit einem öffentlichen Unternehmen verbunden sind, sind hoch. Als öffentliches Unternehmen wird man ständig verklagt. Es kostet eine Menge Zeit und Mühe, sich mit diesen Dingen zu befassen.
Chris Anderson: (57:49) Richtig, aber Du hättest immer noch nur ein öffentliches Unternehmen. Es wäre größer und es gäbe mehr Dinge zu tun. Aber anstatt in vier Vorständen zu sitzen, wärst Du nur in einem.
Elon Musk: Ich bin eigentlich nicht einmal im Vorstand von Neuralink oder der Boring Company. Und ich nehme auch nicht wirklich an den Vorstandssitzungen von SpaceX teil. Wir haben nur zwei im Jahr, und ich komme einfach vorbei und plaudere eine Stunde lang. Der Aufwand für den Vorstand eines öffentlichen Unternehmens ist also viel höher.
Chris Anderson: Okay. Ich denke, einige Investoren machen sich wahrscheinlich Gedanken darüber, wie Du Deine Zeit aufteilst, und das könnte sie aufregen. Jedenfalls, ich bin neulich aufgewacht und habe gedacht: Es gibt so viele Möglichkeiten, diese Dinge miteinander zu verbinden. Allein schon die Einfachheit dieser Mission, eine Zukunft zu schaffen, die es wert ist, sich dafür zu begeistern, könnte eine Menge Leute ansprechen. Elon, Du wirst von Forbes und allen anderen als der reichste Mensch der Welt bezeichnet.
Elon Musk: Das ist kein Souverän. Ich denke, man kann sagen, dass jemand, der König oder de facto König eines Landes ist, reicher ist als ich.
Chris Anderson: Aber es ist einfach schwieriger zu messen. Aber was die Leute tun… also 300 Milliarden Dollar. Ich meine, Dein Nettovermögen steigt oder fällt an jedem beliebigen Tag um mehrere Milliarden Dollar. Wie wahnsinnig ist das?
Elon Musk: Es ist verrückt, ja.
Chris Anderson: Ich meine, wie kann man das psychologisch verarbeiten? Es gibt nicht viele Menschen auf der Welt, die darüber überhaupt nachdenken müssen.
Elon Musk: Darüber denke ich eigentlich nicht so viel nach. Was tatsächlich schwieriger ist und das Schlafen erschwert, ist, dass jede gute Stunde oder sogar Minute, in der ich über Tesla und SpaceX nachdenke, einen so großen Einfluss auf das Unternehmen hat, dass ich wirklich versuche, so viel wie möglich zu arbeiten, im Grunde bis an den Rand der Vernunft. Denn Tesla ist an einem Punkt angelangt, an dem – und das wird wahrscheinlich noch in diesem Jahr der Fall sein – jede Minute des Nachdenkens von hoher Qualität einen Einfluss von einer Million Dollar hat. Das ist wahnsinnig. Ich meine, wenn Tesla pro Woche, sagen wir, 2 Milliarden Dollar Umsatz macht, dann sind das 300 Millionen Dollar pro Tag, sieben Tage die Woche, das ist…
Chris Anderson: (1:00:29) Wenn man das in einer Stunde Brainstorming um 5 % ändern kann, ist das eine ziemlich wertvolle Stunde.
Elon Musk: Ich meine, es gibt viele Fälle, in denen ein halbstündiges Meeting… Ich konnte das finanzielle Ergebnis des Unternehmens in einem halbstündigen Meeting um 100 Millionen Dollar verbessern.
Chris Anderson: Es gibt viele andere Menschen, die diese Welt der Milliardäre nicht ausstehen können. Die Vorstellung, dass ein Einzelner den gleichen Reichtum haben kann wie, sagen wir, eine Milliarde oder mehr der ärmsten Menschen der Welt, beleidigt sie zutiefst.
Elon Musk: Wenn sie untersucht hätten… Ich denke, es gibt einige axiomatische Fehler, die sie zu diesem Schluss führen. Sicherlich wäre es sehr problematisch, wenn ich Milliarden von Dollar pro Jahr für den persönlichen Verbrauch ausgeben würde. Aber das ist nicht der Fall. Tatsächlich besitze ich im Moment nicht einmal ein Haus. Ich wohne buchstäblich bei Freunden. Wenn ich in die Bay Area reise, wo der Großteil der Tesla-Entwicklung angesiedelt ist, übernachte ich im Grunde genommen in den Schlafzimmern von Freunden. Ich habe keine Jacht. Ich mache keinen Urlaub. Es ist ja nicht so, dass mein persönlicher Verbrauch hoch ist. Die einzige Ausnahme ist ein Flugzeug. Aber wenn ich das Flugzeug nicht benutze, habe ich weniger Stunden zum Arbeiten.
Chris Anderson: (1:01:55) Ich persönlich denke, Du hast gezeigt, dass Du hauptsächlich von einem wirklich tiefen Sinn für moralische Ziele angetrieben wirst. Dein Streben, das Klimaproblem zu lösen, ist so stark wie bei keinem anderen Menschen auf diesem Planeten, von dem ich weiß. Und ich kann wirklich nicht verstehen… Ich persönlich kann nicht verstehen, dass Du von der Linken so viel Kritik bekommst: „Oh mein Gott, er ist so reich.“ Das ist ekelhaft. Wenn es um das Klima geht, ist die Philanthropie ein Thema, auf das sich manche Leute stürzen. Philanthropie ist ein schwieriges Thema. Wie denkst Du darüber?
Elon Musk: Ich denke, wenn man sich um die Realität des Guten kümmert und nicht um die Wahrnehmung davon, ist Philanthropie extrem schwierig. SpaceX, Tesla, Neuralink und The Boring Company sind Philanthropie. Wenn man sagt, dass Philanthropie Liebe zur Menschheit ist, dann sind sie Philanthropie. Tesla treibt nachhaltige Energie voran. Das ist eine Liebe zur… das ist Philanthropie. SpaceX versucht, das langfristige Überleben der Menschheit durch eine multiplanetare Spezies zu sichern. Das ist Menschenliebe. Neuralink will mit Hilfe von künstlicher Intelligenz Hirnverletzungen und existenziellen Risiken entgegenwirken. Liebe zur Menschheit. Die Boring Company versucht, das Verkehrsaufkommen in den Griff zu bekommen, das für die meisten Menschen die Hölle ist, und auch das ist Liebe zur Menschheit.
Chris Anderson: (1:03:19) Wie sehr stört es Dich, dieses ständige Trommelfeuer von „Milliardäre, mein Gott, Elon Musk, oh, mein Gott“ zu hören? Nimmst Du das einfach mit einem Achselzucken hin oder tut es tatsächlich weh?
Elon Musk: Inzwischen ist das wie Wasser auf dem Rücken einer Ente.
Chris Anderson: Elon, ich würde gerne, da wir hier zum Ende kommen, den Fokus nochmal erweitern und einfach… Du bist Vater von sieben lebenden Kindern, und…
Elon Musk: Nun, ich versuche, mit gutem Beispiel voranzugehen, denn die Geburtenrate auf der Erde ist so niedrig, dass uns der Zusammenbruch der Zivilisation droht, wenn die Geburtenrate nicht wieder auf ein nachhaltiges Niveau steigt.
Chris Anderson: Ja, Du hast schon oft darüber gesprochen, dass die Entvölkerung ein großes Problem ist. Und die Leute verstehen nicht, wie groß das Problem ist.
Elon Musk: Ja, der Bevölkerungszusammenbruch ist eine der größten Bedrohungen für die Zukunft der menschlichen Zivilisation. Und genau das ist es, was jetzt gerade passiert.
Chris Anderson: (1:04:12) Was treibt Dich tagtäglich an, das zu tun, was Du tust?
Elon Musk: Ich schätze, ich möchte sicherstellen, dass es eine gute Zukunft für die Menschheit gibt und dass wir auf einem Weg sind, das Wesen des Universums zu verstehen, den Sinn des Lebens, warum wir hier sind, wie wir hierher gekommen sind. Und um das Wesen des Universums und all diese grundlegenden Fragen zu verstehen, müssen wir den Umfang und die Skala des Bewusstseins erweitern. Auf jeden Fall darf es sich nicht verkleinern oder erlöschen, sonst würden wir es ganz sicher nicht verstehen. Ich würde sagen, dass mich mehr als alles andere die Neugier motiviert und einfach der Wunsch, über die Zukunft nachzudenken und dabei nicht traurig zu sein.
Chris Anderson: Und, bist Du es? Bist du nicht traurig?
Elon Musk: Ich bin manchmal traurig. Meistens bin ich relativ optimistisch, was die Zukunft angeht. Es gibt sicherlich einige große Risiken, denen die Menschheit gegenübersteht. Der Bevölkerungszusammenbruch ist eine wirklich große Sache, und ich wünschte, mehr Menschen würden sich dessen bewusst werden. Denn die Geburtenrate liegt weit unter dem, was nötig ist, um die Zivilisation auf ihrem derzeitigen Niveau zu erhalten. Und ja, natürlich müssen wir etwas für die Nachhaltigkeit des Klimas tun, was auch schon getan wird. Und wir müssen die Zukunft des Bewusstseins sichern, indem wir eine multiplanetare Spezies werden. Wir müssen uns mit den… im Wesentlichen ist es wichtig, alle Maßnahmen zu ergreifen, die uns einfallen, um die existenziellen Risiken anzugehen, die die Zukunft des Bewusstseins betreffen.
Chris Anderson: Es kommt eine ganze Generation nach, die sehr traurig über die Zukunft zu sein scheint. Was würdest Du zu ihnen sagen?
Elon Musk: Nun, ich denke, wenn man will, dass die Zukunft gut ist, muss man sie gestalten. Ergreift Maßnahmen, damit sie gut wird. Und sie wird gut sein.
Chris Anderson: Elon, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit genommen hast. Das ist ein wunderschöner Punkt, um zu enden. Danke für alles, was Du tust.
Elon Musk: Gerne. (1:06:24)